File:Der Haussekretär Hrsg Carl Otto Berlin ca 1900 Seite 236.jpg

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Der Haussekretär  Template:Der Haussekretär
Author
Carl Otto
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Title
Der Haussekretär
Subtitle Neues vollständiges Hilfs-, Formular- u. Nachschlagebuch mit über 1000 Mustern.
Printer
Verlagsdruckerei "Merkur"
Description
Deutsch: Carl Otto (Hrsg.): Der Haussekretär. Neues vollständiges Hilfs-, Formular- u. Nachschlagebuch mit über 1000 Mustern. Verlagsdruckerei „Merkur“ Berlin, Berlin ca. 1910, 672 Seiten

Vollständiger Titel des Buches: Der Haussekretär. Neues vollständiges Hilfs-, Formular- u. Nachschlagebuch mit über 1000 Mustern zum praktischen Gebrauch und zur formvollendeten Anfertigung von Briefen in allen nur denkbaren Familienangelegenheiten, im Freundschafts-, Gesellschafts- und Liebesleben, von Glückwünschen, Einladungen, Eingaben an Fürsten, an Regierungs-, Polizei-, Schul-, Gewerbe-, Steuer- und Kommunalbehörden, Klagen und Schriftsätzen in Kriminal-, Steuer- , Privat-, Konkurs- und allen anderen Rechtssachen, von Testamenten, Kontrakten, Leih-, Kauf-, und Verkaufsverträgen, von Schriftsätzen in Militär-, Berufts-, Gewerbe- und Geldsachen, von Vorlagen zu Geschäftsbriefen aller Art, nebst angefügter Anleitungen zum Rechnen mit ganzen, Bruch-, und Dezimal-Zahlen, einem ausführlichen Ratgeber im Zins-, Wechsel-, und Scheckwesen, vielen Mustern zu Karten, Kartenbriefen, Postkarten, Telegrammen, Inseraten, zu Schriftstücken in den häufigsten Vereinsangelegenheiten, sowie einem Wörterbuch der Neuen Deutschen Rechtschreibung und einem Verzeichnis der gebräuchlisten Fremdwörter. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Carl Otto unter Mitwirkung namhafter Schriftsteller, Juristen, Handelslehrer u. Gewerbetreibenden. Verlagsdruckerei "Merkur" Berlin SO. 16.; (Erscheinungsjahr WAHRSCHEINLICH um 1910: Indiz: auf S. 390 werden Zahlen der Volkszählung von 1905 erwähnt und Bevölkerungszahlen von Berlin 1908; die nächste Volkszählung war 1910; auf Seite 68 gibt es eine Liste von Europas Staatsoberhäuptern, was einem Spezialisten auch eine zeitliche Einordnung des Erscheinungsjahres ermöglichen könnte)

Es handelt sich um ein großes Handbuch für Musterbriefe und ein Nachschlagewerkt um 1900. Sehr amüsant, gestelztes Beamtendeutsch um 1900. Unter anderem Musterbriefe für Glückwünsche an den Thronfolger, Musterbriefe für Liebesbriefe, Beileidsbekundungen, Schriftstücke an und von Fürsten, sowie einem Wörterbuch der deutschen Rechtschreibung und ein kurzes Fremdwörterbuch. Druck von Hallberg und Büchting, Leipzig. Altdeutsche Schrift. Hardcover. Blindprägung. Es gibt auch spätere Drucke von 1913 und 1920 aus dem Verlag W. Herlet.
Language German
Publication date circa 1900
publication_date QS:P577,+1900-00-00T00:00:00Z/9,P1480,Q5727902
Place of publication Berlin


TEXT:


(Briefe im Jugendlenze.)
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den Kopf, so daß ich gerade in ihr tränenfeuchtes Auge schauen konnte, schlang ihre Arme um meinen Hals und zwang mich dadurch vor ihr auf die Knie nieder. Sie preßte meinen Kopf hart an ihr klopfendes Herz, als wollte sie mich gegen diejenigen schützen, die mir Böses zufügen würden. Darauf strich sie mir mit der Hand das Haar aus der Stirne — ich fühlte ihre Tränen auf mein Gesicht herabfallen — und sie wiederholte immer wieder, mich liebkosend, die Worte, daß niemand in der Welt mich von ihr reißen sollte.
Dies war für meine müde Seele zu viel; ich ergriff ihre beiden Hände und weinte über dieselben, während mein Kopf in ihrem Schoße ruhte. Meine Tränen wurden immer heftiger und steigerten sich zuletzt zu einem verzweifelten, krampfhaften Schluchzen, über welches ich keine Gewalt mehr hatte, und welches Susanne wohl erschrecken mochte; denn sie bemühte sich, mich zu beruhigen, nannte mich bei Namen und küßte mich dazwischen wie man ein Kind küßt, um es zu beruhigen. Ich hatte einen so tiefen Drang, mich auszuweinen, daß es ihr nicht sogleich gelang.
Als ich endlich ruhiger wurde, schlang sie wieder ihren Arm um meinen Hals, als wollte sie dadurch meine Aufmerksamkeit erzwingen, beugte sich vor und schaute mir lange ins Auge, mit einem Ausdruck ihres bewegten schönen Antlitzes, der zu gleicher Zeit innig überredend und willensstark war. Ich müßte, versicherte sie endlich, indem sie den Kopf zurückwarf, was sie stets tat, wenn sie eindringlich sprechen wollte, ihr glauben, daß sie, was uns beide beträfe, tausendmal besser Bescheid wisse, was recht sei, als irgendein Doktor, und nur unserer Liebe sollten wir beide hier gehorchen, nicht der menschlichen Klugheit eines Doktors.
Solche Leute wie der Doktor, sagte sie, verständen nicht, was Liebe sei. Wäre ich gesund und fröhlich, so würde es gewiß der Wille Gottes gewesen sein, daß sie mit mir das Gute teile; aber es müsse dann gleichfalls der Wille Gottes sein, daß dieselbe Liebe auch Kummer und Krankheit mit mir teilen solle; aber hier denke der Doktor — sie wurde augenscheinlich, je länger sie sich mit ihm beschäftigte, desto erbitterter gegen ihn — gerade ganz anders, überdies sei sie so fest davon überzeugt — und ihre Stimme wurde hier wunderbar sanft und weich, fast flüsternd, — daß gerade unsere gegenseitige Liebe für mich eine bessere Kur zur Gesundheit sein würde, als was irgendein Doktor ausklügeln könne. Jedenfalls fühlte sie selbst, daß sie gemütskrank werden und verzweifeln würde, wenn ich sie nicht länger liebte, denn geliebt hätten wir uns so lange, als wir denken könnten, so daß es jetzt wohl zu spät wäre, wollte man auf Mittel sinnen, uns zu trennen und nur Freundschaft gelten zu lassen.
Eins sei auch jetzt fast bei ihr beschlossen — bei diesem Gedanken erhielt ihr Gesicht das Gepräge einer unbesiegbaren Willenskraft, welche mich an ihren Vater erinnerte — das nämlich, daß sie bald möglichst ihrem Vater alles sagen wolle. Sowohl meinet- als ihretwegen dürfe unser Verhältnis kein Geheimnis mehr bleiben. Ihr Vater habe sie sehr lieb, und im Notfälle wollte sie ihm ernstlich sagen, daß es weder ihm noch sonst jemandem — hiermit meinte sie die Mutter — nützen könnte, irgendeinen Doktor dazu zu gebrauchen, mich ihr abspenstig zu machen.
Von irgendeiner „Bruder- und Schwesterschaft“ zwischen uns, wie sie sich fast spottend ausdrückte, wolle sie am allerwenigsten etwas wissen, und als ob sie diesen Gedanken recht gründlich verwischen wollte, erhob sie sich und bat mich, indem sie mir mit leidenschaftlichem Eifer ins Antlitz schaute, sie zu küssen, um uns von neuem zu versichern, daß wir treue Verlobte wären und stets, trotz allem, was da kommen könnte, bleiben würden, selbst wenn ich niemals so gesunden sollte, daß wir uns heiraten könnten.
Ich umarmte sie, küßte sie warm und leidenschaftlich ein-, zwei-, dreimal, bis Susanne sich freimachte.
Während sie sprach, war es mir klar geworden, daß sie mit ihrer starken, gesunden, liebevollen Natur für uns beide den Kampf aufnahm und für ein Recht stritt, welches möglicherweise nicht ganz mit Worten darzulegen war, aber dessen Heiligkeit ich als über allen künstlichen Beweisen stehend fühlte.
Mir erschien Susanne wieder in einer anderen, wahrhaftigeren und wirklicheren Art und Weise, als ich je geahnt und geträumt hatte, indem ich nun begriff, daß all das, was meinerseits ritterliches Betragen heißen könnte, nur tiefer als unsere Liebe liege, ja einfach eine unwürdige Kränkung derselben sei. In der wahren Liebe wird das Kreuz von beiden Liebenden getragen, und derjenige, der es „ritterlich“ allein tragen will, betrügt nur den andern um einen Teil seines besten Gutes.
Ich hoffe, lieber Freund, Du wirst mich recht verstehen, wenn ich Dir diese Liebesszene so eingehend geschildert habe. Ich mußte meinem Herzen einmal Luft machen! Du wirst meine Seelenstimmung am besten zu würdigen wissen.
Bis zum nächsten Briefe lebe wohl! Ich schreibe Dir, wie sich die Eltern meiner einzig geliebten Susanne zu unserem unzertrennlichen Bunde stellen.
Dein himmelhoch jauchzender und doch zum Tode betrübter
Amandus.

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