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Deutsch: Buch: Die Nationen und ihre Philosophie, Verlag: Kröner, 1915
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Author Wilhelm Wundt (1832 - 1920)


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(VI. Der Geist der Nationen im Krieg und im Frieden.)
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lebendig gestalten, als unangenehm. Darum meidet er Diskussionen, bei denen jeder von vornherein weiß, daß nichts dabei herauskommt. So kommt es, daß er in Gesellschaft am liebsten über nichts oder, weil auch das Schweigen als unpassend empfunden wird, über gleichgültige oder selbstverständliche Dinge redet. Diese konventionellen Umgangsformen sind ihm ein Schutz der individuellen Persönlichkeit nicht nur gegen das Anstößige, sondern auch gegen lästige Zumutungen. Kein anderer braucht zu wissen, was man über religiöse oder politische Fragen denkt, soweit man sich nicht von Berufs wegen darüber zu äußern hat. Darum gilt diese Ablehnung auch gegenüber dem Staat, soweit es nicht dessen Pflicht und Schuldigkeit ist, Person und Eigentum zu schützen. Unumschränkte Freiheit des einzelnen in allem, was nicht der gleichen Freiheit anderer widerstreitet, — diesen Grundsatz hat England zuerst zur Anerkennung gebracht, und in keinem Lande wurzelt er so tief wie hier in dem Charakter der Nation. Dieser an sich höchst achtungswerte Trieb nach persönlicher Unabhängigkeit, mit dem sich freilich in augenfälligem Kontrast der Zwang der Sitte verbindet, reicht vom alltäglichen Leben bis in die Institutionen des Landes. Dem Engländer widerstrebt die Mietskaserne, er wohnt lieber im eigenen Hause. Die Habeas-Korpus-Akte ist sein altes Palladium der Freiheit. Selbstverwaltung und Parlament erfüllen ihn mit dem Bewußtsein, daß er sich selbst regiert, wenn auch weder die alten noch die neuen Parteien in ihrer immer noch vorwiegend plutokratischen Zusammensetzung eine wirkliche Volksvertretung sind. Das Bewußtsein, daß es den Wählern im gegebenen Augenblick freisteht, an die Stelle der gegenwärtigen eine andere Regierung zu setzen, erfüllt ihn mit der Illusion, Herr seines Landes zu sein. Daneben gibt es eine soziale Institution, die der persönlichen Freiheit des einzelnen keinerlei Schranken

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